UX-Design

Ist meine Webseite ein digitaler Dinosaurier?

Helen Hüsser
Helen Hüsser
Website mit Ablaufdatum

Online-Technologien ändern sich fast im Tagesrhythmus, hat man oft das Gefühl. Will man seine Business-Webseite stets up to date halten, wird es rasch aufwändig und kostspielig. Doch hier kommt Entwarnung: Man muss nicht jeden Technologie-Hype mitmachen und seine Site schon gar nicht alle drei Jahre komplett erneuern, wie einem gewisse Programmierer suggerieren. Denn oft hinkt die eigene Zielgruppe den Trends ebenfalls hinterher und man darf sich eine Karenzfrist ausbedingen.

Alle paar Jahre zeichnen sich allerdings Trends mit ein paar grundlegenden Neuerungen ab. An der Summe dieser Kriterien erkennt man, ob ein Online-Auftritt noch durchgeht oder ob er durchs Akzeptanznetz der vorherrschenden User Behaviour fällt. Nachfolgend finden Sie ein paar dieser Kriterien. Sie gelten weniger für Retail-Websites (wo Produkte bestellt und bezahlt werden können), sondern für B2B-Websites (wo Firmen ihre Services oder Produkte präsentieren).

Lebensalter Website Grafik

Der Content

Verstehe ich auf den ersten Blick, was man mir verkaufen will und wer dahinter steckt? Dann ist schon einiges richtig gemacht. Denn auf der Einstiegsseite steht die Essenz: Angebot, Kontakt, Call to Action, Referenzen oder andere für das Unternehmen relevante Inhalte. Bei Platzmangel setzt man Anriss-Boxen und verlinkt sie mit Unterseiten. Zudem gilt: Niemand liest gern viel am Stück. Drum werden Texte gegliedert: Titel, Lead, Untertitel, Quote usw. Dass Texte SEO-konform verfasst werden, ist heute zwar noch nicht ganz Standard, aber ein Muss für neu konzipierte Websites. Auch der Einsatz von Anschauungsmaterial ist ein typisches Kind unserer Zeit: Bilder, Infografiken, Icons, Videos. Sie helfen, Botschaften schneller und besser zu verstehen. Dabei geht es nicht primär um fancy Effekte, sondern um seriös aufbereitete Inhalte: den Ablauf der Zusammenarbeit, die Funktionalität eines komplexen Produktes oder das Statement eines zufriedenen Kunden. Dabei sollen die Inhalte stets mit Fokus auf potenzielle Auftraggeber – oder andere wichtige Zielgruppen – aufbereitet werden. Last but not least bildet das Schlagwort «Interaktion» ein wichtiges Kriterium. Dem Benutzer werden Interaktionswege angeboten wie ein Newsletter-Abo, eine Artikel-Empfehlung, ein Offert-Formular, Checklisten, Social Media Sharings, Kommentare etc. Wichtigstes Ziel hier ist, den potenziellen Kunden einen Schritt näher heranzuholen, zu involvieren und ihn zu motivieren, seinen Kontakt zu hinterlegen, bevor er sich ausklickt. Natürlich muss die Art mit dem Angebot übereinstimmen und die Tonalität passen. Aber das muss sie ohnehin immer.

 

Das Design

Beim Thema Webdesign wollen wir keine allgemeingültigen Tipps abgeben. Vielmehr decken wir ein paar klare Indizien vernachlässigter Online-Auftritte auf. Nimmt z.B. der Website-Inhalt nur etwa einen Drittel eines mittelgrossen Monitors ein, ist die Site von gestern. Die absolute Pixel-Beschränkung stammt aus einer früheren Ära des Webdesigns. Das spürt mittlerweile auch der ungeübte User intuitiv. Ein weiteres Fossil, das sich erstaunlich gut hält, ist eine zu kleine Schriftgrösse. Ursprünglich hing das wohl damit zusammen, dass man möglichst viel auf eine Seite packen wollte. Heute gilt Minischrift als untrügliches Zeichen für ein biblisches Web-Alter. Als Faustregel gilt: mindestens 16 Pixel für den Lauftext. Auch anhand des Bildmaterials teilt sich die Spreu vom Weizen. Zeitgemässe Websites verwenden qualitativ hochstehendes Bildmaterial, z.B. gute Portrait-Bilder. Beim Browsen durch die Site entsteht ein spürbares Konzept, das alles optisch zusammenhält und ein schlüssiges Gesamtbild hinterlässt. Zusammengewürfelte Symbolbilder aus dem Google-Fundus sind passé. Lieber wenige Bilder, dafür gute. Kommen wir zum Thema Animation. Wir reden hier nicht von umständlichen Intros, sondern von fein dosierten Animationen, die den Benutzer in seiner Reise durch die Site unterstützen: ein Aufklapper mit leichtem Swoosh-Effekt, sanft einfahrende Bilder mit Parallax-Effekt oder ein Button, der sich leicht vergrössert beim Klicken. Effekte aus dieser Familie zeichnen aktuelle Websites aus. Sie werden von den Benutzern als angenehm empfunden, da sie genau zu diesem Zweck eingesetzt werden und nicht als Effekthascherei.

 

Die Technologie

Das Wichtigste vorab: Auf Ihrer Website sollte man mit dem Handy mühelos surfen können. An diesem Kriterium kommt keiner mehr vorbei. Alle, die diese Hausaufgabe noch nicht gelöst haben: Jetzt ran. Zweitens, die Art des Content Management Systems (CMS): Mit einer guten Benutzeroberfläche kann der Inhalt jederzeit mutiert werden, einfach und ohne grosse Kenntnisse. Text auswechseln, Bilder austauschen, neue Links setzen, Dokumente hochladen. Eine Website ist ein dynamisches Kommunikationsmittel und muss für diesen Zweck konzipiert sein. Je einfacher das von der Hand geht, je eher ist die Site inhaltlich à jour. Welches CMS zu Ihnen passt, erklärt Ihnen am besten Ihre Agentur des Vertrauens. Ein weiteres aktuell zentrales Thema ist der SEO-konforme Aufbau einer Seite. Dazu gehören u.a. die optimierte Geschwindigkeit (z.B. vom Bildaufbau), die richtige Indexierung des Textes oder die Möglichkeit, alle Web-Inhalte so anzuschreiben, dass man sinngemäss gefunden wird. Das Thema SEO gehört allerdings zu den sich am schnellsten verändernden Parametern, weshalb ich hier nicht in die Tiefe gehe. Ein Thema gibt’s noch: Das weite Feld der Analyse Tools oder des Conversion Tracking. Wer sich dafür interessiert, woher die User kommen, auf welchen Seiten sie verweilen oder wie sie auf eine Interaktion einsteigen, wer mit welchen Geräten surft und und und, der setzt diese Tools auf. Es gibt diejenigen von Google, aber auch andere. Je nach Kenntnisstand kann man einiges selbst aufsetzen oder an den Techniker des Vertrauens delegieren. Das Userverhalten beobachten kann man aber auch als Technologie-Laie, und das ist in jedem Fall interessant.

 

Die Branchen-Ausrede

Oft höre ich von Geschäftsleuten, ihre Website sei gar nicht so zentral. Ihre Branche funktioniere anders und sie würden ihr Business nicht online generieren. Das will ich niemandem ausreden. Gute Unternehmer kennen ihr Geschäftsfeld selber am besten. Messen lässt sich ohnehin nichts, das nicht ausprobiert wurde. Mein Argument ist ein anderes: Gibt es einen guten Grund, sich nicht von seiner besten Seite zu präsentieren, will jemand Geschäfte machen? Nennen wir’s beim Namen: Jeder, der einen Geschäftskontakt knüpft, nimmt über kurz oder lang dessen Web-Auftritt unter die Lupe. Wie präsentiert sich die Person? Welches Team steckt dahinter? Ist sein Angebot attraktiv und einfach verständlich? Kann ich ihm vertrauen? Arbeitet das Unternehmen zeitgemäss? Wenn ich in kurzer Zeit keine Antworten erhalte – aufgrund kryptischer Darstellungen auf meinem Handy oder weil mir die Zeit für umständliches Suchen fehlt – wurde mir eine Hürde gelegt. Oder anders ausgedrückt, eine Tür nicht geöffnet. Das Thema Aktualität wird meiner Meinung nach unterschätzt. Nahezu jeder Unternehmer behauptet, seine Produkte oder sein Know-how seien auf dem neusten Stand. Steht dieser Aussage gegenüber ein veralteter Web-Auftritt, wird die Argumentation weniger glaubwürdig. Denn dieser Spirit schwingt mit. Ich kenne viele Auftraggeber, die sich am liebsten ungestört und in Ruhe für oder gegen eine mögliche Zusammenarbeit entscheiden. Und dazu kann die Unternehmens-Website positiv beitragen.

Checkpoints

Content

  • Einstiegsseite: Hier steht die Essenz
  • Interaktion: Newsletter, Offert-Formulare, Kommentare
  • Anschauungsmaterial: Foto, Video, Icon, Infografik
  • Texte: gut gegliedert und in Häppchen

Design

  • Layout-Grid: grosszügig, das Format ausnutzend
  • Schriftgrösse: nicht unter 16 Pixel (Faustregel)
  • Bilder: spürbares Bild-Konzept, Material von guter Qualität
  • Effekte: gut dosierte, dynamisch-animative Elemente

Technologie

  • Responsive Design: Smartphone- und Tablet-tauglich
  • CMS: einfache, «idiotensichere» Bedienung
  • Aufbau nach SEO-Kriterien (Search Engine Optimisation)
  • Tracking: Analytics- und Conversion-Tracking-Implementierung