UX-Design

5 Stolpersteine auf Ihrer Website wegräumen!

Helen Hüsser
Helen Hüsser

Jede Website hat neuralgische Stellen, bei denen der Benutzer gerne abspringt. Meist dort nämlich, wo er nicht antrifft, was er sucht. Ob seine Suche ganz bewusst oder eher intuitiv abläuft, spielt dabei nicht die entscheidende Rolle. Eine Website ist nichts anderes als ein Raum, in dem wir ganz ähnlich reagieren wie «draussen». Welche Stolpersteine trifft man auf einer Reise durch eine B-to-B-Website an? Und wie können wir diese beseitigen?

Absprungkriterien Ihrer Website

Auf dem Absprung

Sie kennen die Situation: Sie prüfen ein Angebot – einen neuen Provider oder eine Reinigungsfirma für Ihr Büro. Sie surfen durch die Website und irgendwann verlässt Sie die Lust. Sie springen ab und schauen sich weiter um. Aber wissen Sie auch, an welcher Stelle die Flamme erlosch?

Die Gründe sind vielschichtig. Auf der einen Seite die technologischen Faktoren: mangelnde Geschwindigkeit, schlechte Benutzerführung, alte Technologie oder etwa Fehlleitungen von Onlinemarketing-Quellen. Dies alles ist gut erforscht. Doch vielleicht auch nur die halbe Wahrheit, denn mittlerweile haben viele Firmen aufgerüstet und ihren Onlineauftritt technologisch erneuert. Wie der gemeine User tickt, lässt sich meiner Meinung nach v.a. in Bezug auf B-to-B-Websites nicht wirklich seriös zusammenfassen. Individuelle Vorlieben und Brancheneigenheiten variieren zu stark. Trotzdem sind wir ein paar Stolpersteinen auf die Spur gekommen, die vielen Usern im Weg stehen. Und die betreffen allesamt das Thema Kommunikation.

 

Die Sicht unserer Kunden ist unsere eigene Sicht

Sich in ihre Kunden hineinzuversetzen, fällt vielen schwer. Sicher können sie es in fachlicher Hinsicht, doch in der Kommunikation vermisse ich diesen Aspekt. Ich glaube, dass viele KMUs auf ihrer Website mit Vorliebe Standardseiten abfüllen, in der Annahme, der Kunde werde sich schon richtig informieren. Auch höre ich ab und zu, der Umsatz werde ohnehin nicht mithilfe der Website generiert. Das mag sein. Aber Fakt ist auch, dass sich heute nahezu jeder vor einem Geschäftsabschluss im Minimum einmal den Onlineauftritt eines Anbieters anschaut. Und sofern nicht ein enger persönlicher Kontakt besteht, kann jener das Zünglein an der Waage sein.  

Wir alle sind viel öfter Kunden von anderen Anbietern, als wir selber Kunden bedienen – wenn wir nicht gerade bei der SBB, der Swisscom oder bei Google arbeiten. Es böten sich also viele Gelegenheiten für einen einfachen Selbstbeobachtungstest: Was passiert mit uns, wenn wir als Entscheider vor dem Screen oder Handy eine mögliche Zusammenarbeit prüfen?

Nachfolgend haben wir ein paar simple, aber zentrale kommunikative Stolpersteine zusammengetragen, die ein potenzieller Auftraggeber auf seiner Reise durch eine Businesswebsite antrifft. 

 

Die 5 Killer-Absprungkriterien

 

1.  Ich werde unfreundlich empfangen.

Der erste Eindruck ist der wichtigste Eindruck. Auch bei Ihrer Website. Ob man verweilen mag, hängt nicht nur von Technologie und Inhalt ab, sondern auch von weichen Faktoren. Wie ist die Stimmung? Ist das Navigieren, sind die Übergänge angenehm gestaltet? Sind Texte und Links schön gross? Finde ich ein ansprechendes Bild, eine erklärende Grafik, Icons statt viel Text? Hier zeigt sich rasch, ob die Macher der Website an meine emotionale Seite gedacht haben. In den allerersten Sekunden kommt es drum nicht nur auf den konkreten Inhalt an, sondern auch darauf, wie dieser eingebettet ist. Fachleute nennen das die User Experience. Machen Sie den Selbsttest: Klicken Sie 15 Sekunden durch Ihre Website – ohne sich auf den Inhalt zu fokussieren – und überlegen Sie, ob es sich angenehm anfühlt. Bietet Ihre Website einen freundlichen Empfang?

 

2. Ich sehe meinen Nutzen nicht

Ein zentraler Begriff im Marketing heisst «Kundennutzen». Zwar in der Branche schon etwas abgenutzt, ist er doch aktuell wie nie: Denn jeder schaut sich ein Angebot IMMER aus der Perspektive seines eigenen Bedürfnisses an. Suche ich nun die Reinigungsfirma für mein Büro, wäre dies etwa: Kommen die auch am Wochenende? Kann ich eine unverbindliche Offerte anfordern? Wer genau kommt putzen? Sind alle ausreichend versichert? Was machen die anders als die andere Firma, die ich parallel auf dem Radar habe?

Um bei solchen Fragen zu überzeugen, müssen Sie Ihren USP klar herausgeschält haben. Denn nur, wenn Sie genau wissen, welche Fragen Ihre Kunden umtreiben, können Sie Ihr Produkt gut verkaufen. Verzichten Sie auf Botschaften wie «Wir verbinden Innovation mit Tradition», «Wir bieten Top-Qualität zu tiefsten Preisen» oder «Wir legen grossen Wert auf persönliche Betreuung». Na hoffentlich! Schreiben Sie, was der Kunde konkret davon hat. Auch wenn Sie keine Weltneuheit erfunden haben, sondern eine Dienstleistung verkaufen, wie viele andere auch: Versuchen Sie, den ganz konkreten Nutzen Ihrer Kunden herauszuschälen. «Bei uns lernen Sie die Putz-Equipe persönlich kennen» überzeugt mich bei der Reinigungsfirma hundertmal mehr als «Wir legen Wert auf persönliche Betreuung».
«Brauchen Sie Unterstützung beim Schärfen Ihrer Website? Wir bringen Know-how und den nötigen Aussenblick mit.»

 

3. Die Vertrauens-Frage

Im Geschäftsleben spielt Vertrauen eine grosse Rolle. Entscheider in Firmen suchen Partner, auf die sie zählen können und mit denen sie langfristig arbeiten möchten. Die vielen Aufträge, die in Businessnetzwerken und unter Geschäftsbekannten vergeben werden, bauen auf das gemeinsame Vertrauen. Eine Website kann dieses Vertrauen nicht anonym aufbauen. Doch es gibt ein paar Dinge, die den Weg dahin durchaus ebnen können.

Allem voran: die Menschen dahinter. Wer ist die Chefin, wer der Produktionsleiter? Zeigt die Firma ihre Mitarbeitenden? Habe ich Einblick in den Standort, das Büro, die Werkstatt? Vertrauen stellen auch Referenzen her. Hier meine ich nicht das Präsentieren von Logos bekannter Marken, sondern echte Personen mit Bild oder Video. Allerdings sollte man hier subtil vorgehen. Allgemeingültige Worthülsen überzeugen mich als Kunden nicht, sondern nur konkrete Aussagen. Je direkter über das gemeinsame Projekt gesprochen wird, desto glaubwürdiger.

Ein weitere vertrauensbildende Massnahme: die Zusammenarbeit. Mir als Entscheiderin hilft es ungemein, wenn ich bei einem Anbieter sehe, welche Schritte mich erwarten. Das macht alles besser abschätzbar. Kapitel wie «Was Sie als Nächstes tun» mit Ablaufdiagramm oder simple «Next Steps» kommen gut an.

Und nun noch das Heikelste: das Geld. Bei uns wird kulturell bedingt nicht gerne darüber geredet. Warum genau, habe ich nie verstanden. Denn das Paradox ist doch: Geld ist und bleibt das Hauptkriterium für einen Auftrag. Sie könnten sich deshalb überlegen, die Preis-Frage zu thematisieren. Damit könnte man sich von der Konkurrenz abheben. Fiktive Beispielaufträge, Standardpakete etc., was immer für Ihre Branche sinnvoll ist. Fügen Sie hinzu, dass Sie für den Auftrag eine individuelle Offerte erarbeiten, sobald die Grundlagen bekannt sind. Wenn Sie beratend tätig sind und keine Offerten erstellen, können Sie Stunden- oder Tagessätze nennen und dazu einen Zeithorizont. Natürlich will oder kann das nicht jeder Anbieter, aber eine Überlegung wäre es wert.

 

4. Meine Vorurteile werden nicht entkräftet.

Jede Branche kämpft mit ihren ganz eigenen Vorurteilen. Anwälte zum Beispiel pflegen den Ruf, bei jedem Anruf gleich den Timer zu drücken. IT-Support-Unternehmen gelten als abgehoben und unzuverlässig – natürlich nur schon aufgrund der für uns Laien komplexen Tätigkeit. Reinigungsfirmen wird nachgesagt, Billiglöhner ohne ausreichende Versicherung anzustellen.

Gehen Sie in sich und erforschen Sie die spezifischen Vorurteile, gegen die Ihre Branche kämpft. Fragen Sie dazu Ihre Geschäftskontakte oder Ihre Kunden. Es ist an sich schon spannend, was herauskommt. Dann überlegen Sie, welche konkreten Einwände Ihre potenziellen Kunden auf ihrem Entscheidungsweg haben könnten und versuchen Sie, diese von vorneherein zu entkräften. Dies kann auf verschiedenen Ebenen passieren. Konkret mit textlicher Ansprache, mit Case Studies oder z.B. mit einer simplen FAQ-Liste. Vielleicht schält sich bei dieser Arbeit auch gleich Ihr unverwechselbarer USP heraus?

 

5. Ich warte noch.

Jetzt zu einer echten Knacknuss: der subtilen, wirkungsvollen Handlungsaufforderung. Meist schaue ich mir ein Angebot an und bin ganz angetan. Doch der Kick, mich gleich zu melden, fehlt. Ich vertage die Kontaktnahme auf später und in der Zwischenzeit fällt sie durchs Alltagsnetz.

Die einfachste Massnahme ist hier das Kontaktfoto, um eine erste emotionale Verbindung herzustellen. Mir fällt ausserdem auf, dass ich als User rascher Kontakt aufnehme, wenn ein konkretes Fachgebiet unter dem Portrait steht statt z.B. nur «Sales Representative Ostschweiz», v.a. bei grossen Teams. Und bei vielen Branchen könnte ein Offertformular eine Hürde abbauen, z.B. bei der Reinigungsfirma. Bei grösseren Anbietern trifft man mehr und mehr den Live-Chat an (das Feld in der unteren rechten Ecke, wo man eine einfache Frage eintippen kann). Aber auch kleinere Teams könnten sich mit diesem Service speziell positionieren, vorausgesetzt, es sitzt eine kompetente Person zu Bürozeiten im Chat. 

Ein weiterer Aspekt ist das Einbauen von mehreren Call-to-Action-Elementen. An verschiedenen Stellen auf der Website weisen Buttons oder andere auffällig gestaltete Passagen auf Ihren Service hin und verlinken zum spezifischen Kontakt. Etwas aufwändiger ist z.B. das Anbieten von Premium Content – Fachartikel oder Cases, Tipps und Tricks – den man downloaden kann. Hinterlässt man Name und E-Mail-Adresse, kann später nachgefasst werden. 

All diese Ideen sind natürlich kein Garant dafür, dass sich tatsächlich mehr Leute melden. Doch indem Sie sie gut kombinieren und subtil einsetzen, zeigen Sie, dass Sie sich wirklich mit dem Kunden auseinandersetzen und ihm aktiv die Mitarbeit anbieten. Nichts anderes also als das, was auch im persönlichen Kontakt positiv aufgenommen wird. 

Checklist

1. Einladung

  • Einfache Navigation
  • Smoothe Übergänge (Seitenwechsel, Aufklapper etc.)
  • Ansprechendes Farbklima, Stimmung
  • Kurze Texte in grosser Schrift
  • Infografiken, Icons, Videos

2. Nutzen

  • Sehe ich als Kunde sofort meinen Nutzen?
  • Sprechen die Texte mich als Kunden an?
  • Spüre ich, was die anders machen als die Konkurrenz?

3. Vertrauen

  • Fotos von Personen
  • Einblick in Büros, Werkstätten, Standort
  • Konkrete Kundenaussagen (Testimonials)
  • Projektablauf, Next Steps
  • Preise: Ansätze, Schätzungen

4. Vorurteil

  • Werden allfällige Vorurteile der Branche oder der Produkte entkräftet?
  • Bekomme ich Antworten auf meine dringendsten Fragen?

5. Handlung

  • Ansprechpartner mit Foto
  • Evtl. Fachgebiet nennen
  • Offert-Formular
  • Live-Chat
  • Call To Actions